War die Corona-Impfung schädlich für Kinder?

Dieser Beitrag dient lediglich der Kritik zweier Thesen aus dem unerschöpflichen Fundus der Verschwörungstheorien rund um Corona. Wir sind uns bewusst, dass es immer wieder neue Entdeckungen zu Langzeitfolgen der Corona-Impfung gibt, auch während des Verfassens dieses Beitrags wurde eine neue Studie zum Thema veröffentlicht.
Abgesehen davon und angesichts der Tatsache, dass wir keine Experten auf diesem Gebiet sind, halten wir unsere Kritik dennoch für wichtig. Denn in der Diskussion um die Corona-Impfung ranken sich zahlreiche Mythen, die ihre Wurzeln oft in bloßer Unwissenheit oder oberflächlichem Halbwissen schlagen. Diese haltlosen Behauptungen verbreiten sich meist rasant und wachsen für manche zu scheinbar unerschütterlichen Wahrheiten heran.
Die Thesen
Die erste These, die beispielsweise hier aufgefasst wurde, stammt aus einem Artikel von Slay. In diesem wird behauptet, dass gegen Corona geimpfte Kinder eine 4423% höhere Sterbewahrscheinlichkeit haben, als nicht geimpfte Kinder. Zudem soll nach dem Artikel die Wahrscheinlichkeit, an COVID-19 zu sterben, bei geimpften Kindern 137 mal höher sein als bei Kindern, die keine Impfung erhalten haben.
Die zweite These, die wir hier entdeckt haben, verdanken wir einem Artikel von exxpress und wurde später unter anderem von Nius aufgegriffen. Es wird behauptet, dass die Corona-Impfung schädlich für Kinder war. Der Grund: Geimpfte Kinder entwickelten Herzmuskelentzündungen, ungeimpfte Kinder nicht.
Sowohl Slay als auch exxpress und Nius stützen ihre Behauptungen auf Studien. Diese Studien haben wir uns einmal genauer angeschaut, um die Stichhaltigkeit der vorgebrachten Thesen zu überprüfen.
Die Studie des britischen Office for National Statistics
Eher Datensatz als Studie, erfasst dieser Todesfälle in Großbritannien nach Impfstatus, aufgeschlüsselt in Altersgruppen. Slays Artikel fokussiert sich vorrangig auf die Altersgruppe der 10- bis 14-Jährigen. Betrachten wir einmal die von Slay zitierte Tabelle 6, die ihr auch in dieser Excel der Studie finden könnt. Die Tabelle unterteilt sich in acht Gruppen, von Ungeimpften bis 3-fach Geimpften. Je Impfstatus zeigt sie die Altersgruppe (in unserer Betrachtung ausschließlich 10- bis 14-Jährige), die Personenjahre (die kumulierte Beobachtungszeit aller Individuen in der Gruppe) sowie die Anzahl der aufgetretenen Todesfälle an. Letztere sind unterteilt in Covid-19-bedingte, nicht Covid-19-bedingte und Gesamttodesfälle.
Tatsächlich basieren Slays Behauptungen auf Zahlen, die sich auch aus den Tabellendaten ableiten lassen. Im Artikel werden dafür zwei der acht Gruppen verglichen: Ungeimpfte Kinder und Kinder, die ihre dritte Impfung oder eine Booster-Impfung vor mehr als 21 Tagen erhalten haben (im Folgenden: “K3/B21+”). Für beide Gruppen berechnet Slay die Sterberate anhand der Anzahl der Verstorbenen pro 100.000 Personenjahre und stellt die Ergebnisse gegenüber. Zur Veranschaulichung haben wir die Sterberaten in unsere Tabelle integriert sowie die Gruppen, die zum Vergleich herangezogen wurden, gelb markiert.
Slays Behauptung, geimpfte Kinder hätten eine 4423% höhere Sterbewahrscheinlichkeit als ungeimpfte, basiert auf den Sterberaten für die “Anzahl aller Todesfälle”. Nach unserer Berechnung liegt die Sterberate bei ungeimpften Kindern bei 6,39, während sie bei K3/B21+ 289,01 beträgt. Dies entspricht einer etwa 45-fach höheren Sterberate bei K3/B21+, beziehungsweise einem Anstieg der Sterbewahrscheinlichkeit von 4423%.
Für die Aussage, dass die Wahrscheinlichkeit, an COVID-19 zu sterben, bei geimpften Kindern 137-mal höher sei, wendet Slay dieselbe Berechnungsmethode für “Covid-19-bedingte Todesfälle” durch. Hier liegt die Sterberate bei K3/B21+ bei 41,29, während sie bei ungeimpften Kindern bei 0,31 liegt. Dies entspricht tatsächlich einer 133-fach höheren Sterberate bei K3/B21+ (Woher unsere Diskrepanz zu Slays errechneter 137-facher Erhöhung kommt, ist uns unklar).
Behält der Artikel also Recht? Ganz so einfach ist es nicht.
Die Maus im Raum
Sprechen wir direkt den Elefanten – in dem Fall die Maus? – im Raum an: Der Datensatz ist viel zu klein. In der Gruppe der K3/B21+ gab es lediglich einen Todesfall im Zusammenhang mit COVID-19. Insgesamt gab es nur sieben Todesfälle in der Gruppe. Eine Tatsache, die Slay “vergessen” zu erwähnen. Stattdessen greifen sie für ihre Behauptungen nur auf die von ihnen ergänzten Sterberaten zurück. Bei genauerer Betrachtung der tatsächlichen Todesfälle wird jedoch schnell deutlich, dass die Daten statistisch nicht signifikant sind: Die beobachteten Unterschiede in den Sterberaten lassen sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf Zufall zurückführen und nicht auf einen tatsächlichen Zusammenhang mit dem Impfstatus. Der kurze Untersuchungszeitraum der K3/B21+ im Vergleich zu ungeimpften Kindern verstärkt diesen Effekt zusätzlich. Eigentlich hätten wir Slays These damit bereits ausreichend widerlegt, ein paar Kritikpunkte bleiben aber noch.
Ich mach mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt
Auch wenn Slay im Artikel alle Gruppen (Ungeimpfte Kinder, Kinder mit einer Dosis, usw.) gegenüberstellen, basiert deren Kernbotschaft doch auf einem kuratierten Vergleich. Die schlagzeilenträchtigen Aussagen einer 4423% höheren und einer 137-fach höheren Sterbewahrscheinlichkeit bei geimpften Kindern, ergeben sich nämlich nur bei der Gegenüberstellung von ungeimpften Kindern und K3/B21+. Klar – Slay hätte ja kaum die Gruppe der Kinder, die ihre zweite Impfdosis vor weniger als 21 Tagen erhalten haben, zum Vergleich heranziehen können – in der gab es nämlich überhaupt keinen Todesfall. Ein solches Ergebnis hätte sicher nicht in das gewünschte Narrativ gepasst und wohl auch kaum für Schlagzeilen gesorgt.
Warum sprechen Slay dann überhaupt von einem Vergleich von geimpften und ungeimpften Kindern, wenn sie doch nur einen Teil der geimpften Kinder berücksichtigen? Aus unserer Sicht ergibt Slays Formulierung nur dann Sinn, wenn man die Gruppen aller geimpften Kinder zusammenfasst und der Gruppe der ungeimpften Kinder gegenüberstellt. Das haben wir getan. Dabei haben wir die Kinder, die ihre erste Dosis vor weniger als 21 Tagen erhalten haben, bewusst außen vor gelassen, denn sowohl die Corona-Impfung, als auch deren Nebenwirkungen zeigen ihren Effekt erst nach einigen Tagen. Das Ergebnis unserer Berechnungen: Bei COVID-19-bedingten Todesfällen weisen geimpfte Kinder eine Sterberate von 0,22 auf, ungeimpfte Kinder von 0,31. Im Hinblick auf die Gesamtmortalität zeigt sich bei geimpften Kindern eine Sterberate von 7,87, bei ungeimpften Kindern von 6,39. In unserer “korrekten” Gegenüberstellung weisen die Sterberaten somit kaum Unterschiede auf. Letztendlich ist jeglicher Vergleich irrelevant, da die Ergebnisse statistisch nicht signifikant sind. Wir wollten lediglich verdeutlichen, wie sehr sich Slay bemühen musste, die vorliegenden Daten so zu interpretieren, um die gewünschten Aussagen zu erhalten.
Slay geht bei der Auswahl der Informationen, die sie ihrer Leserschaft präsentieren, generell sehr selektiv vor. So verschweigen sie beispielsweise Tabelle 3, welche die altersstandardisierten Sterblichkeitsraten aller Altersgruppen für den gesamten Untersuchungszeitraum darstellt. Die Daten der Tabelle zeigen eine deutliche Tendenz zu höheren Sterberaten bei ungeimpften im Vergleich zu geimpften Probanden. Bei Betrachtung aller Todesursachen ist die Sterberate unter Ungeimpften mehr als doppelt so hoch wie bei Geimpften. Drastischer fällt der Unterschied bei COVID-19-assoziierten Todesfällen aus: Hier übersteigt die Sterberate der Ungeimpften jene der Geimpften um das etwa 13-fache. Als Sahnehäubchen sei erwähnt: Der beeindruckende Umfang des Datensatzes der Tabelle 3 verleiht den Ergebnissen mit hoher Wahrscheinlichkeit statistische Signifikanz (Du kannst eine fundierte Aussage oder eine Berechnung beisteuern? – wir freuen uns über deinen Input!).
Not Everything That Can Be Counted Counts
Tabelle 6 weist nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Problem auf. Es fehlen essentielle Informationen über die Charakteristika der erfassten Personen, wie beispielsweise individuelle Gesundheitszustände oder weitere besondere Gegebenheiten. Folglich ist die Repräsentativität der Daten nicht gewährleistet. Dies gilt auch für Tabelle 3, wobei der Einfluss auf die Interpretation der Daten aufgrund des umfangreichen Datensatzes weniger ausgeprägt ist.
Vor allem bei der Interpretation von Datensätzen, die zum Großteil zu Beginn der Impfkampagne erhoben wurden, sollte unserer Meinung nach Vorsicht geboten sein. In dieser frühen Phase wurden vorrangig Risikogruppen aller Altersklassen geimpft – eine Kohorte, die keineswegs repräsentativ für die Gesamtbevölkerung ist.
The cake is a lie
Machen wir uns kurz bewusst, was Slay sagen will, wenn sie eine 4423% höhere Sterbewahrscheinlichkeit bei geimpften Kindern postulieren – Slay implizieren, dass Kinder infolge der Corona-Impfung sterben. Das ist jedoch ein Trugschluss, wie ein Datensatz zur Anzahl der Todesfälle im Zusammenhang mit COVID-19-Impfstoffen zwischen März 2020 und Juli 2023 für England und Wales aufzeigt. Für die Altersgruppe der 10- bis 19-Jährigen wurde nur ein Todesfall aufgrund einer Corona-Impfung registriert.
The Truth Is Out There
An dieser Stelle möchten wir uns selbst korrigieren. Für eine der Diskussionen in der Erstausgabe unserer Reihe “Verschwörungstheoretiker können nicht argumentieren” haben wir die Studie anscheinend auch nicht aufmerksam genug durchgelesen. Infolgedessen ist unser Kommentar zum Instagram-Beitrag schlichtweg falsch.
Die Oxford-Studie
Betrachten wir nun die Studie, die exxpress und Nius für ihre These heranziehen, dass die Corona-Impfung schädlich für Kinder gewesen sei. Als Argument führen sie einen Befund der Studie an: Sowohl bei Jugendlichen als auch bei Kindern wurden Myokarditis und Perikarditis, beides Herzmuskelentzündungen, nur in den geimpften Gruppen dokumentiert. Nius kommentiert: “In Deutschland galt die Corona-Impfung als Non-Plus-Ultra, an der Kritik unterdrückt wurde. Sogar von Corona völlig ungefährdete Kinder wurden geimpft …” . exxpress ist der Meinung, die Studie bestätige “die vielen Risiken [der Corona-Impfung], jedoch keinen Nutzen, bei der Reduzierung von Infektionen. […] COVID-19-bedingte Folgen bei jüngeren Kindern waren sehr selten.” – Behalten wir uns diese Aussagen mal im Hinterkopf.
Zunächst möchten wir aber kurz klären, wen wir zu “Kindern” zählen. Denn die Oxford-Studie unterscheidet zwischen Kindern (5-11 Jahre) und Jugendlichen (12-15 Jahre). In Slays Artikel hingegen werden 10- bis 14-Jährige als Kinder angesehen. Nius zitiereren im Artikel Karl Lauterbach, der über 12-bis 15-Jährige Kinder spricht. Auch exxpress erwähnen im Titel und bei der Formulierung ihrer These nur Kinder. Um eine konsistente Definition zu gewährleisten und einen Bezug zur These von exxpress und Nius herzustellen, haben wir uns daher entschieden, in unserer Analyse beide Altersgruppen der Oxford-Studie als “Kinder” anzusehen.
Die Nadel im Heuhaufen
Bevor wir uns die Daten zur Studie genauer ansehen, möchten wir zunächst auf die Kernaussage beider Artikel eingehen: Die Impfung stelle eine erhebliche Gefahr für Kinder dar. Doch wie groß ist diese Gefahr tatsächlich?
Um das zu beantworten, betrachten wir die Gruppe mit der höchsten Rate an Herzmuskelentzündungen – Kinder nach der ersten Impfdosis. Bei den 5- bis 11-Jährigen, insgesamt 141.711 Kinder, traten 3 Fälle von Perikarditis auf, wobei keine Krankenhauseinweisungen nötig waren. In der Gruppe der 11- bis 15-Jährigen, mit 410.463 Kindern, gab es 9 Fälle von Perikarditis, wovon 4 eine Notfallversorgung benötigten, sowie 3 Fälle von Myokarditis, von denen 2 notfallmäßig behandelt werden mussten. Die notwendige medizinische Betreuung war in allen Fällen von kurzer Dauer: Der längste Aufenthalt auf der Intensivstation betrug einen Tag, der längste Krankenhausaufenthalt zwei Tage.
Von insgesamt 552.174 geimpften Kindern haben somit 15 eine Herzmuskelentzündung entwickelt – das entspricht etwa einem von 37.000 Kindern, oder 0,003%. Schwere Verläufe traten bei 6 Kindern auf, also bei ungefähr einem von 92.000 Kindern, oder 0,001%. Nach gängigen pharmazeutischen Standards werden Nebenwirkungen mit einer Häufigkeit von weniger als 0,01% als “sehr selten” klassifiziert.
Um diese zugegebenermaßen schwer abschätzbaren Risiken in einen Kontext zu setzen, werfen wir einen kurzen Blick auf Deutschland: Bei 4,6 Millionen geimpften Kindern zwischen 5 und 17 Jahren wären nach der Studie proportional etwa 50 schwere Fälle von Herzmuskelentzündungen zu erwarten. In einer kleineren Altersgruppe sind alleine 45 Kinder an Corona verstorben. exxpress und Nius verfangen sich im Widerspruch: Einerseits verharmlosen sie die Gefahr von Corona, andererseits überbetonen sie die Impfrisiken.
Es sei dazu gesagt, dass wir hiermit die Ernsthaftigkeit von Impfnebenwirkungen nicht verharmlosen wollen. Wir erkennen ausdrücklich die Belastungen und Sorgen an, die betroffene Kinder und ihre Familien durchlebt haben. Und wir haben keinerlei Verständnis für Lauterbachs Aussage, dass die Corona-Impfung frei von Nebenwirkungen sei. Jede Impfung birgt potenzielle Risiken, dessen ist sich auch Lauterbach bewusst.
Wir finden es aber auch wichtig, Risiken in den richtigen Kontext zu setzen. Eine Häufigkeit von 27 pro eine Million mag zunächst alarmierend klingen, ist aber im größeren Zusammenhang betrachtet relativ gering. Vor allem im Vergleich mit alltäglichen Gefahren, denen wir uns oft ohne größere Bedenken aussetzen. Außerdem sollte man die vorhandenen Risiken gegen die potentiellen positiven Effekte der Impfung abwägen.
In God we trust. All others must bring data
Schauen wir uns nun die Studie an. In dieser werden jeweils gleich große Gruppen unterschiedlichen Impfstatus verglichen und dabei elf Vergleichswerte erfasst: Fünf Covid-19-bedingte und sechs weitere Gesundheitsindikatoren (beispielsweise Perikarditis und Myokarditis). Je Vergleichswert werden folgende Daten erfasst: die Anzahl der aufgetretenen Ereignisse (beispielsweise die Häufigkeit von Myokarditis), die Gesamtzahl der beobachteten Personenjahre sowie, von uns ergänzt, die Inzidenzrate (der Anteil der Ereignisse pro Personenjahre). Die Studie liefert zudem ein 20-Wochen-Risiko pro 10.000 Personen, welches wir jedoch nicht in unserer Tabelle aufgenommen haben.
In der Gegenüberstellung der einmal geimpften und ungeimpften Kinder nahmen jeweils 410.463 Kinder teil, insgesamt also knapp eine Million. Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich über etwa sechs Wochen.
Anmerkung: Für diese Tabelle haben wir einen Tippfehler der Originalstudie korrigiert. Diesen haben wir anhand der Inzidenzraten-Verhältnisse ermittelt, die wir in unserer Tabelle nicht aufführen.
Et tu, Brute?
Um einen Bezug zu exxpress’ und Nius’ Behauptungen herstellen zu können, interessiert uns vor allem die Gruppe der ungeimpften Kinder. Wir konzentrieren uns daher auf den Vergleich zwischen einmal geimpften und ungeimpften Kindern, welcher der ersten Tabelle zu entnehmen ist.
Bei der Gegenüberstellung lässt sich ein klares Muster erkennen: die Covid-19-bedingten Vergleichswerte haben eine deutliche Tendenz zugunsten der Impfung: Die Inzidenzraten der SARS-CoV-2-Tests weißen eine erhebliche Reduktion bei geimpften Kindern auf. Noch aussagekräftiger sind die Zahlen zu den Covid-19-bedingten Notaufnahmen (A&E-Aufnahmen), zu denen lebensbedrohliche Fälle zählen: Hier gab es 18 Fälle weniger bei geimpften Kindern. Auch bei den Covid-19 bedingten Krankenhausaufenthalten zeigt sich ein deutlicher Unterschied mit 24 weniger Fällen in der geimpften Gruppe. Auch Covid-19-bedingte Intensivpflege war nur in der ungeimpften Gruppe nötig (3 Fälle).
Wir wollen an dieser Stelle keine nackten Zahlen gegenüberstellen und sind uns bewusst, dass verschiedene Krankheitsbilder oder Hospitalisierungen nicht unmittelbar vergleichbar sind. Dennoch offenbart ein Blick in die Tabelle einen deutlichen Trend: Kinder in der geimpften Gruppe hatten signifikant seltener lebensbedrohliche Notfälle, benötigten weniger häufig Krankenhausaufenthalte und wiesen eine weitaus geringere Corona-Infektionsrate auf. Dieser positive Effekt verstärkte sich in der Gruppe der zweifach geimpften Kinder noch. Auch wenn Herzmuskelentzündungen ausschließlich bei geimpften Kindern auftraten und sechs Kinder aufgrund der Corona-Impfung intensivmedizinisch behandelt werden mussten, sind diese Vorfälle im Vergleich zu den wesentlich höheren Risiken für ungeimpfte Kinder nahezu verhältnismäßig selten.
Wenn wir also die Frage nach der Schädlichkeit der Corona-Impfung für Kinder beantworten wollen, deuten die Daten auf das Gegenteil der ursprünglichen These hin: Sich nicht zu impfen scheint mit höheren gesundheitlichen Risiken verbunden zu sein.
Angesichts der Studienergebnisse wirken die Aussagen von exxrpress und Nius nahezu absurd: Nius behaupten: “Sogar von Corona völlig ungefährdete Kinder wurden geimpft”, Offenbar werden die zahlreichen Krankenhausaufenthalte und lebensbedrohlichen Notaufnahmen nicht als Gefährdung wahrgenommen, während die selteneren Fälle von Herzmuskelentzündungen als bedrohlich eingestuft werden. Diese Argumentation untergräbt sich selbst.
exxpress betonen, die Corona-Impfung hätte “keinen Nutzen bei der Reduzierung von Infektionen”, was im direktem Widerspruch zu den in der Studie präsentierten Daten steht. Zudem trifft ihre Behauptung “COVID-19-bedingte Folgen bei jüngeren Kindern waren sehr selten” zwar auf 5- bis 11-Jährigen zu, Ihre eigentliche These bezieht aber auch 12- bis 15-Jährige mit ein. In dieser Gruppe waren Covid-19-bedingten Folgen keineswegs selten, insbesondere bei ungeimpften Kindern.
Unser Fazit
Für die im Artikel aufgestellten Behauptungen bedienen sich Slay einer manipulativen Darstellung der von ihnen zitierten Studie, indem sie die Anzahl tatsächlicher Todesfälle verschweigen. Zudem präsentieren sie einen sorgfältig kuratierten Vergleich, der ihre Aussagen noch dramatischer erscheinen lässt. Erkenntnisse der Studie, die nicht in Slays Narrativ passen, bleiben unerwähnt.
exxpress und Nius fokussieren sich zwar auf die potenziellen Risiken der Impfung, “vergessen” dabei aber deren positive Aspekte. Mit einer solch einseitigen Berichterstattung ließe sich jegliche Impfung wie auch Medizin diskreditieren. Bedauerlicherweise scheint vielen die Fähigkeit zu fehlen, diese Zusammenhänge zu abstrahieren, wie die Kommentarspalte dieses Instagram-Posts zeigt.
Apropos: exxpress wirbt mit dem Slogan “für Selberdenker”. Angesichts ihrer Berichterstattung scheint dieser Aufruf angebracht – exxpress selbst kommt der Verantwortung des Nachdenkens anscheinend nicht nach.
Unserer Meinung nach entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass die Studien, die zur Diskreditierung der Impfung herangezogen wurden, bei genauerer Betrachtung zu den entgegengesetzten Schlussfolgerungen führen. Diese allzu oft auftretende Diskrepanz zwischen aufgestellten Behauptungen und der tatsächlichen Studienlage verdeutlicht, wie wichtig es ist, wissenschaftliche Erkenntnisse eigenständig und kritisch zu prüfen. Etwas, für das sich Verschwörungstheoretiker eigentlich rühmen – jetzt sollten sie es nur noch umsetzen.